Informelle Informationserhebung und Selbstbelastungsfreiheit
Beschreibung
Verstößt die verdeckte Befragung des Beschuldigten im Auftrag der Polizei gegen das Recht auf Selbstbelastungsfreiheit und inwieweit ist dieses Recht durch die Strafprozessordnung geschützt?
Diese für die Praxis höchst bedeutsame Frage ist in der Rechtswissenschaft seit Jahrzehnten umstritten und in der Rechtsprechung ungeklärter denn je: Weder sind die einschlägigen Urteile der einzelnen Strafsenate des BGH zueinander stimmig noch stehen sie im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR - wie in der vorliegenden Untersuchung herausgearbeitet wird.
Vorgestellt wird ein neuartiges Verständnis des Nemo-tenetur-Grundsatzes. Der Autor zeigt, dass dieser Grundsatz in den einschlägigen (Zweithörer- und U-Haft-)Fällen zwar betroffen, seine Integration in die heutige Strafverfahrenswirklichkeit mit Blick auf den Verdeckten Ermittler aber grundsätzlich möglich ist.
Tobias Mahlstedt erörtert im Schwerpunkt, ob eine Rechtsverletzung vorliegt, die ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht. Entgegen der herrschenden Lehre wird dies aus rechtsmethodischen Gründen für § 136 StPO abgelehnt, für § 136a StPO aber angenommen. Schließlich legt der Autor dar, dass de lege ferenda der staatlich zurechenbaren Ausforschung des Beschuldigten durch Privatpersonen insbesondere der organisationsrechtliche Gesetzesvorbehalt aus Art. 33 Abs. 4 GG entgegenstünde.
Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht: Einleitung: Zur Bedeutung des Themas - Überblick über die maßgeblichen Rechtsfälle - Ziel und Gang der Untersuchung - 1. Grundlagen: Die rechtshistorische Entwicklung der Selbstbelastungsfreiheit - Grundzüge der Rechtsprechung des BGH zur Selbstbelastungsfreiheit - Grundzüge der Rechtsprechung des EGMR zur Selbstbelastungsfreiheit - 2. Beweisverwertungsverbot aufgrund von § 136 StPO?: Grundlagen der offenen Beschuldigtenbefragung - Informelle Informationserhebungen als Verstoß gegen § 136 StPO - Informelle Informationserhebungen als Umgehung von § 136 StPO - 3. Beweisverwertungsverbot aufgrund von § 136a StPO?: Keine unmittelbare Anwendung von § 136a StPO - Analoge Anwendbarkeit von § 136a StPO - Tatbestandsmerkmal der Täuschung - Beeinträchtigung der Willensentschließung und Willensbestätigung - Ergebnis - 4. Grenzen der Zulässigkeit im GG und in der EMRK: Zur Erforderlichkeit spezialgesetzlicher Regelung - Rechtsstaatliche Grunderwägungen - Grenzen aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 EMRK - Grenzen aus Art. 1, 2 Abs. 1 GG. Art. 6, 8 Abs. 1 EMRK - Grenzen aus dem rechtsstaatlichen Strukturprinzip des § 136 StPO - Verfassungsrechtliche Grenzen der Legitimierbarkeit (Art. 33 Abs. 4 GG) - Ergebnis - Schluss - Schluss - Ergebnisse/Thesen - Literatur- und Sachwortverzeichnis
Pressestimmen
»Der Verfasser bietet dem Leser also neben der überzeugend begründeten Kernthese, dass staatlich veranlasste verdeckte Befragungen durch Privatleute gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit verstoßen und zu einem Verwertungsverbot führen, auch viele neue Gedanken, über die sich trefflich streiten lässt. Beides begründet die wissenschaftich weiterführende Bedeutung und die diskussionsanregende Kraft der vorliegenden Monographie, die unsere strafverfahrensrechtliche Literatur in wertvoller Weise bereichert.« Prof. Dr. Claus Roxin, in: Goltdammer's Archiv für Strafrecht, 2/2012
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