Praktiken der Intersektionalität in der Frühen Neuzeit
Beschreibung
Unterscheidungen und Kategorienbildung sind ein konstitutives Element von Gesellschaft: Nach innen differenzieren Gesellschaften ihre Mitglieder in bestimmte Gruppen (und Untergruppen), nach außen grenzen sie sich von anderen Gesellschaften ab. Solche gesellschaftlichen Unterscheidungen werden jedoch niemals isoliert wirksam. Soziale Kategorien wie Geschlecht, Ethnizität, sozialer Status oder das Alter einer Person sind ineinander verschränkt bzw. überkreuzen sich – und können daher auch gar nicht ohne ihre Wechselwirkungen untersucht werden. Diese Perspektive, die als »Intersektionsanalyse« inzwischen als sozialwissenschaftliches Paradigma gilt, wird in dem Band erstmals in vergleichender Perspektive auf die Frühe Neuzeit übertragen. Dem Programm einer »Historischen Intersektionsanalyse« folgend, fragen die dabei versammelten Fallstudien sowohl nach der Epochenspezifik sozialer Ungleichheiten als auch nach dem Wandel von Kategorien und deren Verschränkung.
Inhaltsübersicht
Matthias Bähr und Florian Kühnel
Plädoyer für eine Historische Intersektionsanalyse
Kerstin Palm
Einführung in das Konzept der Intersektionalität
Eva Seemann
Der kleine Unterschied. Zur Stellung von »Hofzwergen« an Fürstenhöfen der Frühen Neuzeit
Mareike Böth
Zum Glück fähig: Intersectional (in)visibilities in Glücksratgebern des ausgehenden 18. Jahrhunderts
Martin Christ
Labeling Ethnicities. Das Beispiel der Sorben in der Frühen Neuzeit (ca. 1450–1680)
Alexander Drost
Bordering jenseits territorialer Grenzen: Intersektionelles Denken und Ungleichheitsphänomene in »Niederländisch-Indien« im 17. Jahrhundert
Florian Kühnel
Kulturkontakt intersektional. Heirats- und Bestattungspraktiken von Engländern im Osmanischen Reich
Vera Kallenberg
Sexualisierte Gewalt, Judenfeindschaft und marginalisierte jüdische Männlichkeit – eine intersektionale Analyse des Kriminalprozesses gegen den ›Schutzjudensohn‹ Heyum Windmühl (Frankfurt a.M. 1808)
Matthias Bähr
Migration als intersektionale Praxis. Konfession, Stand und Ethnizität in Irland
Tim Neu
junk frauenbilt oder frome furstin und mutter? Geschlecht, Macht und Markiertheit im 16. Jahrhundert
Rachel Renault
Gleichheit, Gerechtigkeit, Billigkeit. Steuerverteilung, Status und soziale Ordnung im 18. Jahrhundert
Ulrike Ludwig
Unverhofft. Zur Verschiebung von Differenzkategorien in der Geschichte des Duells
Xenia von Tippelskirch
Intersektionale Betrachtungen der Frühen Neuzeit – ein Kommentar
Pressestimmen
»Bemerkenswert an dembesprochenen Beiheft ist das hoheNiveau aller Beiträge, die in unterschiedlicher Weise unser Verständnis der Ungleichheit in der Frühen Neuzeit schärfen. Die Frage nach der Interdependenz von Kategorien hat zugleich zu einem Zusammendenken der Ergebnisse der unterschiedlichen Forschungsfelder geführt, in welche sich die Frühneuzeitforschung in den letzten Jahrzehnten ausdifferenziert hat.« Uni.-Prof. Dr. Andrea Griesebner, in: Zeitschrift für Historische Forschung, Bd. 47, 2/2020
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