Erfüllt leben - in Gelassenheit sterben

Geschichte und Gegenwart. Beiträge eines interdisziplinären Symposiums vom 23. - 25. November 1993 an der Freien Universität Berlin

1994. Tab., Abb., 8 Bildtafeln (davon 1 farbig); 507 S.
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99,90 €
ISBN 978-3-428-07872-1
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Description

Jahrhundertelang lag das durchschnittliche Sterbealter bei 30, 35 Jahren. Heute liegt es bei gut 75. Die meisten von uns haben vergleichsweise somit zwei Leben.

Durch den weitgehenden Verlust des Glaubens an eine Ewigkeit ist unser Leben nicht länger, sondern unendlich kürzer geworden. Der irdische Rest hat sich zwar verdoppelt; er ist aber alles, was uns verblieb. Entsprechend erfuhr unser Körper als Vehikel eine gewaltige Aufwertung.

Bedingt ist die Anhebung und Bündelung des Sterbealters auf einem nie zuvor erreichten Niveau durch die gegenwärtige Bändigung der Geißeltrias "Pest, Hunger, Krieg". Medizin spielt nur eine Rolle. Ihre unzweifelhaft großen Erfolge ließen jedoch in vielen von uns bereits einen neuen Unsterblichkeitswahn tiefe Wurzeln schlagen. Erstmals darf man sich "mit einem gewissen Recht" zumindest während einiger Jahrzehnte "ein wenig unsterblich" fühlen. Auch ist Todesverhinderung auf Zeit nicht länger unmöglich. Sie ist jedoch unmenschlich, denn:

Menschsein heißt, die von Anfang an in uns angelegte Spannung zwischen Werden, Sein und Vergehen zu akzeptieren, auszuhalten und aushaltend zu gestalten sowie den uns von Natur gegebenen Tod zur rechten Zeit auf uns zu nehmen.

Diesem Konzept gemäß lautete das Thema des Symposiums "Erfüllt leben", und zwar das ganze Leben. Ein bis zum Rande erfülltes Leben soll dazu führen, den Tod zur rechten Zeit leichter auf sich zu nehmen. Historiker, in deren Regie die Konferenz durchgeführt wurde, weisen in ihren Beiträgen immer wieder auf die Einzigartigkeit unserer heutigen Situation hin, auf die Erstmaligkeit eines langen Lebens für die meisten Menschen. Akzentuierungen und Vertiefungen sowie Ansätze zu Problemlösungen erfolgen aber auch von Vertretern weiterer Disziplinen: Medizinern, Demographen, Theologen, Philosophen u. a. m. Am Schluß kommen sodann Vertreter unterschiedlicher Medien zu Wort. Sie bringen ihre Erfahrungen ein, wie die neuen Erkenntnisse jene Menschen am ehesten erreichen, für die das Thema des Symposiums von hoher Relevanz ist: letztlich für uns alle.

Aus dem Vorwort

Overview

Inhalt: A. E. Imhof, Schmunzelnd zufriedene Menschen, obwohl sie wenig zu schmunzeln hatten: Porträts des Holländers Frans Hals - M. H. Wörner, "Gelungenes" Leben - R. Spree, Der Rückzug des Todes: Wurden wir gesünder? - J. Sundin, Vom Sterberisiko zur Lebenschance. Der abendländische Weg zum längeren Leben - L.-G. Tedebrand, Von der Sterblichkeit der über 80jährigen, Schweden 1750-1980 - Ø. Larsen, Berufstätigkeit und Gesundheit, Kausalität und Verantwortung - R. H. Dinkel, Die Sterblichkeitsentwicklung der Geburtsjahrgänge in den beiden deutschen Staaten. Ergebnisse und mögliche Erklärungshypothesen - J. Schott / G. Wiesner / W. Casper / K. E. Bergmann, Entwicklung der Mortalität des alten Menschen in Ost- und Westdeutschland in den zurückliegenden Jahrzehnten - C. Höhn / K. Schwarz, Lebenserwartung in Deutschland heute und morgen; und die Folgen - B. Bisig / F. Gutzwiller, Konzept des Indikators behinderungsfreie Lebenserwartung. Illustration am Beispiel Schweiz - K. Zapotoczky, Gesundheitspolitik der Zukunft: Zwischen Eigenvorsorge und weltweiten Zusammenhängen - P. Borscheid, Der Wandel der "Lebensstufen" im Abendland - H. Dießenbacher, Das Leben vom Tode her. Zur Alternsphilosophie Jean Amérys - J. Kytir, Orte des Sterbens. Epidemiologische Aspekte am Beispiel Österreichs - A. E. Imhof, Erfüllt leben, in Gelassenheit sterben - H. Wagner, "Ars moriendi". Impulse für heute aus christlicher Tradition - P.-O. Ullrich, Will Altern gelernt sein? Lebensplan und Kunst des Sterbens heute. Erfahrungen und Fragen zum Modell "Lernen aus Erfahrung" - R. Mattheis, Die "Setting-limits"-Kontroverse - C. Tripathi, Varna-asrama-dharma: Altindische Ideen zur Sozialordnung - H.-J. Zaborowski, Lebensaltersstufen und Rollenverhalten in Ostasien - J. Sundin, Pluridisziplinäre Themenforschung an der Universität Linköping/Schweden - Ø. Larsen, Der Lebensplan. Neue Aufgaben für die gesellschaftsmedizinischen Fächer. Probleme, Erfahrungen und Ausblick - A. Niederfranke / M. Weidmann, Gesellschaftliches Potential älterer Menschen. Brauchen wir neue Handlungsfelder? - A. Kruse, Einstellungen älterer Menschen zum Tod und ihre Art der Auseinandersetzung mit dem herannahenden Tod - W. Baier / K. E. Bergmann / G. Wiesner, Aufgaben des Bundesgesundheitsamtes und von "Public Health": Gesundheitsziele für alte Menschen von heute und morgen - J. Calließ, Lebensplanung und gesellschaftlicher Diskurs. Möglichkeiten und Erfahrung der Erwachsenenbildung - H. Prucha, Das Problem der Lebenserfüllung und die Möglichkeiten der Erwachsenenbildung - B. Mertens, Museen und Lebenskunst? Erfahrungen einer Museumspädagogin - N. Simon, Medien des wissenschaftlichen Diskurses; Medien für alle? - D. Krull, Anregungen eines Vermittlers - C. Walther, Reklame und/oder Journalismus. Wissenschafts-PR zwischen Ignoranz und Sensation - M. Zick, "Die evolutionäre Schlüssel-Innovation liegt weiter hinten bei den Schlundknochen". Das Martyrium der Sprache - U. Nothelle-Wildfeuer, Sachkundig, begründet und verständlich. Ein Beitrag zur medizinisch-ethischen Kompetenz - W. Wanschura, Menschenwürde bis zuletzt. Sterbebegleitung auf der "Insel der Seligen". Der österreichische Weg - G. Rieber, In unserem Alter. Begegnungen und Informationen. Einige Gedanken zu meiner Live-Sendung im Westdeutschen Rundfunk - A. Wertz, Wissenschaft hörbar machen. Was Radio vermag und besser bleiben läßt - T. Wurm, Was alle angeht, müssen alle verstehen. Wie Wissenschaft im Hörfunk zur Sprache kommt - B. Etzenberger / Arthur E. Imhof, Barbara Schwarz, Rückgefragt. Über ein Gespräch mit Marita Brinkmann, Redakteurin von "Boulevard Deutschland", Deutsche Welle Auslandsfernsehen - A. E. Imhof, Granatäpfel in der Kunst des Abendlandes. Vom Siegeszug eines orientalischen Motivs oder: Von den Aufgaben eines Historiker-Demographen in heutiger Zeit

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